Im Mai 2005 nahm ich in der Reha in Bad Wildbad das Angebot einer Hippotherapie in Anspruch. Dort war ich nach einem schweren MS-Schub mehrere Wochen lang. Es gefiel mir sofort sehr gut auf dem Pferderücken. Nach der Reha rückte die regelmäßige Freude an einem solchen Erlebnis in weite Ferne. Wo sollte ich zu Hause oder in der näheren Umgebung eine Hippotherapie machen können?

Durch eine glückliche Fügung, an Zufall glaube ich schon lange nicht mehr, kam ich in den Sonnenhof in Ebersbach, 2 Minuten von meiner Wohnung entfernt. Dort kann ich nun seit 5 Monaten einem wunderschönen Hobby nachgehen. Der Schub ist nahezu überstanden, so dass ich von der reinen Hippotherapie weg bin und jetzt tatsächlich Reiten lernen darf. Ein typischer Mädchen-Kindheitstraum geht in Erfüllung.

Meine Freunde können nicht fassen, wie ich neben Beruf und weiteren Beschäftigungen die Zeit aufbringe, um 3-4 mal in der Woche stundenlang im Stall zu verbringen. „Wenn etwas einem wichtig ist, ist vieles möglich“, sage ich dann. Windfeuer, „mein“ Pferd, ist wichtig für mich geworden, er und auch seine Besitzerin Ursula, die mir geduldig beibringt, ihn zu satteln, auf ihn hochzukommen und auf ihm durch die Halle zu reiten. Ich kann medizinisch nicht erklären, was in meinem Körper durch die Arbeit auf und mit Windfeuer vor sich geht. Ich weiß aber definitiv, dass er mich nach noch so schwierigen Tagen im Büro von der Palme und zur Ruhe bringt und ich die Zeit unglaublich genieße.

Vor einem halben Jahr betrug meine maximale Gehstrecke 50 m mit einem ataktischen linken Bein. Gewicht konnte ich beim Gehen überhaupt keines tragen, das machte das Gleichgewicht nicht mit und die Kraft hierzu fehlt auch, die Fußheber schleiften vor sich hin.

Heute trage ich nach 30 Minuten Reiten und 2-stündiger Pferdepflege den Sattel in die Sattelkammer, laufe im Stall jedes Mal einige hundert Meter, der Fußheber macht fast keine Probleme. Und selbst wenn, würde ich das durch die Ablenkung und Freude im Stall gar nicht so sehr merken.

Reiten ist für mich Sport, Krankengymnastik, viel Zeit an der frischen Luft und die beste Therapieform, die mir nach 10 Jahren mit MS und vielen verschiedenen Therapieversuchen begegnet ist.

Windfeuer wird mich nicht gesund machen können, doch er gibt mir so viel Freude, dass ich jetzt schon vor einem nächsten Schub Sorgen habe, denn das würde heißen, ihn einige Wochen nicht mehr sehen, geschweige denn reiten zu können. Also genieße ich es jetzt, ihn alle zwei Tage zu besuchen und freue mich, wenn er mir am Eingang schon entgegenwiehert und mich auf der Suche nach Leckerlies vollschlabbert.

 

Ein großes Glück der Erde liegt auf und um den Rücken dieses Pferdes!

Bericht einer MS-Patientin